Hermeslite2-SDR-Transceiver und Raspberry Pi4 mit SparkSDR

Nachdem in der cqDL 8/20 der Selbstbaugedanke im Amateurfunk wieder einmal hervorgehoben wurde, möchte ich ein etwas anspruchsvolleres Projekt vorstellen, das aber – zumindest in der Grundausführung - auch von etwas weniger geübten Funkamateuren und ohne zu großen Zeitaufwand erstellt werden kann.

Es geht um einen voll funktionsfähigen KW-Transceiver für alle Bänder (bis 30MHz) und alle gebräuchlichen Betriebsarten, der noch dazu dem Stand der Technik entspricht und für gute 300 € zu haben ist. Ich möchte auch diejenigen beruhigen, die sich vor dem Löten von SMD-Bauteilen mit einer Lötnadel und einem Stereo-Mikroskop fürchten.

Was braucht man dazu? Sie finden eigentlich alles im Internet auf www.hermeslite.com. Der Hermeslite2 (HL2) basiert auf dem Hermes SDR Projekt, das eigentlich schon vor fast 10 Jahren einen Selbstbau-SDR-Transceiver vorgestellt hat. Der HL2 ist ein preisgünstiger HF-Transceiver mit direkter AD/DA-Umwandlung und arbeitet mit einem Low-Cost Breitband MODEM-Chip. Der Opensource-Gedanke wurde komplett sowohl für Software als auch für Hardware verwirklicht. Alle Informationen sind vollständig zugänglich.

Das im Aufmacherbild dargestellte Gehäuse enthält den HL2-Transceiver (Platine 100mmx100mm), der aus einem voll funktionsfähigen Empfänger von ca. 100kHz bis 38 MHz und einem Sender mit ca. 5W Ausgangsleistung besteht. Um Störstrahlungen zu vermeiden, ist im Sendebetrieb ein Tiefpassfilter erforderlich. Ein passendes Filter ist von James Ahlstrom (N2ADR) entwickelt worden und passt genau in das Gehäuse. Beide Leiterplatten sind komplett aufgebaut und getestet von www.makerfabs.com zum Preis von ca. 330€ (incl. Gehäuse und Versand) erhältlich. Der Selbstbau besteht hier eigentlich nur aus dem Einbau dieser Leiterplatten in das Gehäuse.

Zusätzlich zum HL2 ist natürlich ein PC, auf dem die entsprechende Software läuft notwendig, z.B. Notebook mit Windows oder Linux. Im hier beschriebenen Fall wird ein Raspberry Pi 4 mit 4GB RAM verwendet. Der Aufbau wurde auch mit einem 5“-Touch-Display von Waveshare 5inch HDMI LCD(B) getestet. Man kann den HL2-Transceiver auch Remote, also über Datenleitung oder WLAN betreiben, da die einzige Verbindung zum PC aus einem normalen Patchkabel besteht oder über Funk erfolgt. Den abgesetzten Betrieb über Internet habe ich nicht getestet. Der Zusammenbau der Komponenten ist komplett beschrieben auf https://github.com/softerhardware/Hermes-Lite2/wiki/Final-Assembly. Wer es lieber auf Deutsch hat, kann sich ja die Seite übersetzen lassen.

Zum Betrieb des HL2 ist natürlich eine Antenne und eine 12V-Stromversorgung mit mind. 2A erforderlich, selbstverständlich genügt auch das 13,8V Stationsnetzteil.

Nun zur Software. Der HL2 ist mit jedem Programm, das das openHPSDR-Protocol unterstützt, lauffähig. Die gängigsten Programme sind in folgender Tabelle aufgelistet:


Name

lauffähig mit

Autor

Bemerkungen

Quisk

Windows, Linux (incl. RPi)

N2ADR (aktiver Support

unterstützt spezielle HL2 Features)

SparkSDR

Windows, MAC, Linux (incl. RPi)

M0NNB (aktiver Support)

unterstützt spezielle HL2 Features)

virtuelle Empfänger

SDR Console

Windows

GI8TME/MI0BOT


LinHPSDR

Linux

M5EVT


PiHPSDR

Linux (incl. RPi)

DL1YCF (Website)


GNU Radio


HL2 Module von EA4GPZ

Geeignet zum Experimentieren


Ich habe mich für das Programm SparkSDR entschieden, weil es auch digitale Betriebsarten beherrscht, auf dem Raspberry läuft und bis zu 4 virtuelle Empfänger kennt. Quisk ist mir etwas holprig zu konfigurieren. Das ist aber Geschmackssache. Der Vorteil von Quisk ist, dass es mit Python programmiert ist und damit auf vielen Plattformen läuft.

Im folgenden wird die Installation und Bedienung von Spark SDR auf dem Raspberry 4 beschrieben. Hier wird das aktuelle Betriebssystem Raspberry Pi OS (32-Bit) vom Aug. 2020 verwendet, zu finden ist dies auf der offiziellen Raspberry-Seite https://www.raspberrypi.org/ .

Das Programm kann von http://www.ihopper.org/radio/previews.htm heruntergeladen werden, für den Raspberry nimmt man den Link hinter „Linux armhf(rpi)“. Wie üblich befindet sich dann das Programm im Ordner „Downloads“. Klickt man im Dateimanager auf die rechte Maustaste, dann erscheint eine Auswahl mit dem Punkt „Paketinstallation“. Damit wird das Programm installiert. Im Applikation-Menü auf dem Desktop erscheint dann im Punkt „Unterhaltungsmedien“ SparkSDR und kann dort gestartet werden. Bei Startschwierigkeiten ist es hilfreich, das Programmpaket „audacity“, das u.a. Hilfsprogramme für die Soundkarte enthält, zu installieren. Dies erfolgt mit dem bekannten Kommando im Terminal: sudo apt-get install audacity. Es erscheint dann der Startbildschirm:


I

st der HL2 betriebsbereit und im Netz erkennbar, so zeigt SparkSDR seine IP-Adresse, die er normalerweise vom Router erhält an. Der links davon stehende Power-Button dient zum Starten des Programms. Der nächste Button erlaubt eine Vollbilddarstellung. Die weiteren sind selbsterklärend. Wer will, kann den Hilfe-Text aufrufen. Dort sind alle wesentlichen Eigenschaften des Programmes erklärt.




Zunächst sollte der „Zahnrad-Button“(Einstellungen) geclickt werden. Dort kann das Rufzeichen, Locator sowie Grundeinstellungen für digitale Betriebsarten eingegeben werden. Das Programm WSJTX sollte vor Benutzung von digitalen Betriebsarten installiert werden. Die Pfadangaben im Menü Einstellungen müssten im Normalfall passen. Ein Clicken des Power-Buttons startet den Transceiver.


Die Oberfläche ist recht übersichtlich und wird durch entsprechende Hinweise an den einzelnen Symbolen beim Darüberfahren mit der Maus erläutert.

Die meisten Symbole sind selbsterklärend. Einige durch rote Ziffern bezeichnete Symbole verdienen eine genauere Erklärung.

1: Sollte beim Einschalten kein Ton hörbar sein, nicht einmal Rauschen, dann sind meist die „Virtual Receiver Settings“ nicht richtig eingestellt. Nach Click erscheint das Menü “Virtual Transceiver Setting“ (vermutlich ein Druckfehler). Der Audio Output (Sound für Kopfhörer) und der Audio Input (Sound für Mikrofon) muss auf den richtigen Kanal eingestellt sein. Der Raspberry hat bekanntlich keinen Mikrofoneingang. Daher nimmt man am besten eine USB-Soundkarte mit Kopfhörer- und Mikrofonanschluss. Den Audio Output bzw. Input muss man dann in den “Virtual Transceiver Settings“ meist auf USB Audio Device-(hw:1,0) einstellen. Dann sollte auf jeden Fall ein Ton hörbar sein. Die anderen Einstellungen brauchen zunächst nicht geändert werden.


2: Hier wird die Favoritenliste aufgerufen, die schnellste Möglichkeit um das Band zu wechseln. Klickt man in der Zeile 20m auf den schräg nach oben gezeichneten Pfeil so wechselt das HL2 auf 14,175 MHz USB, es gibt die Möglichkeit auf dem 20m Band auf die Standardfrequenz für FT8 wechseln usw.

3:“Radio Settings“

Hier kann die Sample-Rate für die Soundkarte eingestellt werden, oft 48kHz. Weiterhin können die Tiefpass-Filter und im Punkt PA die Arbeitspunkt-Einstellung (BIAS) sowie die S-Meter Kalibrierung vorgenommen werden.

4: Hier können virtuelle Empfänger erzeugt (+) oder mit (x) entfernt werden.

5: PTT-Button

6: Tune-Taste, damit wird ein evtl. Antennentuner angesteuert.


7: Diese Messwerte zeigen im Sendebetrieb die aktuellen Daten an. 24,8oC ist die Temperatur der PA-Transistoren, 0,0mA der Kollektorstrom.

Weitere Bedienungshinweise können dem Hilfetext entnommen werden. Hier wird auch auf das Forum verwiesen, das nach meiner Erfahrung zeitnah auch vom Programmautor gepflegt wird.

Damit müsste eigentlich der Betrieb des HL2 als Empfänger möglich sein.

Um den HL2 als Sender zu verwenden, wollen wir zunächst über die erforderliche Hardware sprechen. Mit SparkSDR kann man SSB , CW und natürlich auch die digitalen Betriebsraten wie FT8 usw. machen. Wie schon gesagt, hat der Raspberry keinen Mikrofon-Eingang. Man muss hier wieder die oben beschriebene USB-Soundkarte verwenden, die meist auch einen Mikrofon-Eingang hat. Gut geeignet ist auch ein Headset. Auch CW ist möglich. Im einfachsten Fall mit einer normalen Morsetaste, die man manchmal von einem älteren OM geschenkt gekriegt hat. Ein Schaltkontakt wird an die Spitze eines 3,5mm Stereo-Klinkensteckers angelötet und der andere an die Abschirmung. Steckt man diesen Stecker in die PTT/KEY-Buchse des HL2 (rechts unten an der Frontplatte), so kann damit der Sender des HL2 eingeschaltet und ein- bzw. ausgetastet werden. SparkSDR muss natürlich in die Betriebsart CW geschaltet sein. Wichtig: In der von mir verwendeten SparkSDR-Version 2.0.2.3 muss bei den „General Settings“ (Zahnradsymbol in der Hauptmenüleiste ein Haken bei „Enable Experimental Features“ gesetzt sein. Wer hier noch etwas tiefer ins Menü schaut, findet auch einen CW-Skimmer. Da ich kein CW-Freak bin, habe ich mich auch nicht näher damit beschäftigt. Für mich war dies, die einfachste Methode den Sender einzuschalten.

Im folgenden gehe ich noch auf die Einstellungen ein, um den HL2 auf die Ausgangsleistung von ca. 5 W zu bringen.Es ist darauf zu achten , dass hier ein entsprechendes Tiefpassfilter (z.B. von N2ADR) zur Oberwellenunterdrückung verwendet wird. Zunächst erfolgt die Arbeitspunkteinstellung (BIAS) für die PA-Transistoren. Schließen Sie in jedem Fall einen geeigneten Dummyload an den Antennenanschluss an. Im Einstellungsmenü „Radio Settings“ gibt es einen Punkt PA, hier setzt man von oben - nach unten gesehen – einen Haken bei „Enable PA“ und „Enable BIAS Setting“. Unterhalb der Temperaturanzeige für die PA-Transistoren wird der Drain-Strom der PA-Transistoren angezeigt. Clicken Sie nun z.B. in Betriebsart USB und ohne NF-Ansteuerung auf den Telefonhörer (PTT). Mittels des Stellers BIAS0 stellt man zunächst ca. 110mA ein, darauf stellt man den Steller BIAS1 auf insgesamt 220mA ein. Schließlich wird mit „Store BIAS“ bestätigt. Bitte auf die Temperaturanzeige achten!


Als nächstes muss die Ansteuerung der PA verändert werden. Rechts oben im Hauptbildschirm sieht man den Steller „drive“, darunter die wichtigen Parameter beim Senden: fwd, Rev, swr, PA-Temperatur und Drainstrom der PA. Zum Einstellen der PA-Ansteuerung benutzt man am besten die Morsetaste. Der Steller „drive“ wird schrittweise erhöht, bis bei ca. 14 MHz etwa 5 W Ausgangsleistung stehen. Die Taste immer nur kurz betätigen und die Temperatur beachten!

Damit wäre der selbstgebaute Allband-HF-Transceiver betriebsbereit.



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